Fürstbischof von Konstanz und Augsburg
Johann Franz Schenk von Stauffenberg wurde am 18. Februar 1658 in Lautlingen (heute Albstadt- Lautlingen) als vierter von fünf Söhnen von Wolfgang Friedrich Schenk von Stauffenberg und Anna Barbara geb. von Wernau, geboren. Sechs Tage später taufte man das Kind in der Pfarrkirche St. Johannes, die nur wenige Meter vom heimatlichen Schlossbezirk entfernt liegt.
Als Paten fungierten der amtierende Bischof des Fürstbistum Konstanz, Franz Johann von Altsummerau und Prassberg der entfernt verwandt war und die Äbtissin des Klosters Buchau, Marie Franziska von Montfort (ca. 1660-1742, ab 1693 Äbtissin von Buchau). Sein Studium absolvierte Johann Franz 1675 in Dillingen an der Donau ehe er 1667 die Domherrenpfründe in Konstanz erhielt.
Die Eltern des jungen Domherren verstarben früh, der Vater 1676 und die Mutter 1681 als der Sohn 23 Jahre alt war. Somit stand er damals noch unter der Vormundschaft seiner beiden Onkel Hans Georg von Wernau und Franz Wilhelm von Stain.
1682 erhielt er eine weitere Domherrenpfründe in Augsburg. Als Kaiser Leopold I aus dem Hause Habsburg am 20. Januar 1698 die fünf Lautlinger Gebrüder Stauffenberg mit ihren Vettern in den erblichen Freiherrenstand erhob, wird Johann Franz als Domsänger in Konstanz bezeichnet.
Allerdings war er bereits seit 1694 Koadjutor (Bischofsstellvertreter mit dem Recht der Nachfolge im Falle der Sedisvakanz) des Konstanzer Bischofs Marquard Rudolf von Rodt.
Bischof von Rodt verstarb am 10 Juni 1704 und die Frage der Neuwahl war nicht nur für das Domkapitel und die Diözese Konstanz sondern auch für die Reichsregierung sehr wichtig. Im Lande wurden die spanischen Erbfolgekriege ausgetragen und auf dem Schlachtfeld operierten die mit Bayern verbündeten Franzosen. Somit waren Ränkespiele vorprogrammiert und gegeben. Allerdings kamen die weiteren Vorschläge seitens des Kaisers nicht mehr zur Vorlage, am 21 Juli 1704 wurde um ½ 3 Uhr gewählt. Während zunächst auf den Schenken von Stauffenberg 5, auf den Bischof von Augsburg 3 und auf den Kandidaten der Praßberg ebenfalls 3 Stimmen entfielen, wurde Johann Franz Schenk Freiherr von Stauffenberg um 5 Uhr einstimmig gewählt.
Hierzu darf man bemerken, dass dieses altehrwürdige Bistum Konstanz als das flächenmäßig Größte galt. Das alte Alemannenbistum wurde bereits um 600 gegründet und konnte geschichtlich viel vorweisen. Es erstreckte sich vom St. Gotthard bis zum mittleren Neckar, vom Rhein bis an die Iller. Hier wirkte von 934 bis zu seinem Tod 975 der „Alemannenbischof“ Konrad. Das Fürstbistum Konstanz als weltlicher Herrschaftsbereich der Bischöfe von Konstanz war im Gegensatz zur Diözese Konstanz zersplittert und wesentlich kleiner. Die Besitzungen waren beidseits von Bodensee und Hochrhein verteilt. Der neue Bischof wusste, dass sein Amt nicht leicht zu tragen sein wird. Er schrieb am 24. Juli 1704 eine Anzeige an Papst Clemens XI, dass die Wahl unter Vorsitz des Nuntius einstimmig auf ihn gefallen sei, „auf meine Schultern, die gewiß einer solchen Last nicht gewachsen sind.“
Das Bistum war damals in einer trostlosen Lage. Die hohen Schulden der Vorgänger drückten schwer, die Kapitalien in der Schweiz, die damals auch zu einem Teil zum Bistum gehörte waren nicht verfügbar so dass diplomatisches Geschick vonnöten war um die Situation wieder zu festigen. Die Bischofspfalz in Konstanz war in einem so erbärmlichen Zustand, dass sein Vorgänger in seinem „überaus schlechten Schloss“ in der Schweiz verstorben war. Dazu kamen weitere Schwierigkeiten die die Reichsritterschaft und die Reichsregierung betrafen. Für den Fürstbischof allerdings waren die Interessen des hohen Domstifts und des Bistums durchaus identisch mit denen der Reichsritterschaft aus der er ja gebürtig stammte und mit der er Zeit seines Lebens über die vier Brüder verbunden blieb.
Später bemühte sich Johann Franz auch um die Koadjutorwürde von Augsburg. Der dortige Bischof Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg, sein Rivale bei der Bischofswahl 1704, konnte die Geschäfte aufgrund einer „anhaltenden, schweren Unpässlichkeit“ nicht mehr leiten. Die schwere Geisteskrankheit machte die Wahl eines Koadjutor vonnöten. Nachdem sich Johann Franz 1712/13 vergeblich um dieselbe Kür in Würzburg vergeblich bewarb, nahm man ihn hierfür in Aussicht. Aber auch hier wurden Allianzen geschmiedet und die Ränkespiele im Hintergrund geführt. Am 11 Juni 1714 schließlich wählte das Augsburger Domkapitel ihn mit Zweidrittelmehrheit zum Koadjutor. Auch der Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Bruder des erkrankten Bischofs, gratulierte zur Wahl. Der sehr „laidige Zustand“ seines Bruders war ihm wohlbekannt. Kaiser Karl VI billigte die Wahl ausdrücklich. Der Fürst von Löwenstein durfte dessen Gratulation aussprechen.
In der Regierungszeit von Johann Franz gab es mannigfaltige Streitereien vor allem aber Beschwerden über österreichische Beamte. Grund dafür war die innere Zerrissenheit des Bistums selbst. Eines Teils in der Schweiz, anderen Teils in Deutschland liegend war eine großer Teil der Reformation anheim gefallen und auch auf dem deutschen Gebiet gab es viele Herrschaftsbereiche wovon die vorderösterreichischen Lande den größten Teil bildeten. Im vorderösterreichischen Gebiet lag die Bischofsstadt Konstanz, die Residenz Meersburg aber nicht. Der Bischof wohnte aber auch einige Zeit als Abt des Klosters Reichenau im Schloss Hegne. Die gegenseitigen Beschuldigungen und Rechtsfragen führten zu Beschwerden bei Kaiser und Papst. Diplomatische Verstimmungen waren vorprogrammiert.
Auch im Augsburger Domkapitel hatte sich gegen den Koadjutor eine kräftige Opposition gebildet. In intrigantem Spiel wollte man den neuen Verwalter des Bistums ausspielen und möglichst schnell zur Resignation bringen. Der kranke Bischof Alexander wurde teils für gesund erklärt, die Regierungsgeschäfte allerdings wollten die „grauen Eminenzen“ im Hintergrund führen. Fürstbischof Johann Franz hatte also allerlei Kämpfe zu bestehen, ehe er 1737 nach dem Tod des Vorgängers die Augsburger Verwaltung endgültig in die Hände nehmen konnte.
Über die innere Regierung von Johann Franz schreibt Hermann Baier im Jahre 1927: „Seine für das Hochstift Konstanz segensreiche Regierung hat leider bis jetzt nicht die ihr gebührende Würdigung gefunden.“ Man darf heute sagen, dass ihm diese Würdigung auch im 3. Jahrtausend noch nicht zuteil wurde.
Johann Franz bemühte sich sparsam zu walten, dennoch konnte er die Schulden seiner Vorgänger die in Generationen angehäuft wurden nicht komplett tilgen. Der Stauffenberger erließ in seiner Amtszeit weiters Vorschriften für den Lebenswandel der Geistlichen und übermittelte 1724 dem Domkapitel ein Perückenverbot für Weltgeistliche, das der Nuntius Kardinal Palucci in Luzern erlassen hatte. Auch um das Verbot abwegiger theologischer Schriften bemühte er sich intensiv.
Von Johann Franz ist bekannt, dass er sich in großem Maße für die ordentliche Ausstattung seiner Pfarrkirchen einsetzte. Zahlreiche von ihm unterstützte und angeordnete Bauvorhaben sind bekannt und mancher Bau durfte sich mit seinem Wappen schmücken. Gerade kleinere Dorfkirchen erfreuten sich seiner Unterstützung. Auch das Kirchlein in Lautlingen erfuhr seine Güte. Im dreißigjährigen Kriege zerstört, war es als größere Kapelle von seinen Eltern aufgebaut worden. 1725 wurde die Kirche vergrößert und ein Barockturm gebaut der einen Dachreiter ablöste. Nur die finanzielle Unterstützung seines Bruders Johann Wilhelm und des Fürstbischofs selbst konnte der kleinen Gemeinde diese Baumaßnahme ermöglichen.
Sein ganz besonderes Anliegen aber war die Errichtung eines Priesterseminars. Bereits im Jahre 1714 forderte er Beisteuern für diesen Zweck an. Später wurde auch mit der Stadt Konstanz wegen eines geeigneten Geländes verhandelt. Nachdem er dort auch seine neue Residenz bauen wollte schlug man einen Grundstückstausch vor, den der Rat der Stadt allerdings ablehnte. Beide Bauvorhaben wurden danach in Meersburg verwirklicht.
Als Baumeister konnte Johann Franz Pater Christof Gessinger aus dem Georgenkloster Isny verpflichten. Der Rheinländer, dessen Vater unbekannt ist, war ein Künstler dessen eigenwilliges Temperament und seine großen Fähigkeiten bekannt waren. 1715 wurde Pater Gessinger fürstbischöflicher Oberbauinspektor in den Bistümern Konstanz und Augsburg mit entsprechender Besoldung. Er wurde auch am Familiensitz des Fürstbischofs in Wilflingen(heute Gemeinde Langenenslingen) beschäftigt, wo er das dortige alte Schloss komplett umbaute und mit vier Ecktürmen versah.
Im Jahre 1730 wurde der Bau des Priesterseminars östlich des „Neuen Schlosses“ begonnen. Zu diesem Bauvorhaben stiftete der Fürstbischof selbst 5600 Gulden. Durch eine Sonderbesteuerung des Klerus in der Diözese konnten weitere 100 000 Gulden aufgebracht werden. Christof Gessinger konnte somit die Pläne entwerfen. Nach vielen Zwistigkeiten um den eigenwilligen Baumeister konnte der Seminarbau 1735 vollendet werden. Dieses Seminar ist die herausragende Leistung des Fürstbischofs für die Priesterbildung in seinem Bistum.
Auch die Anfänge des „Neuen Schlosses“ in Meersburg gehen auf Johann Franz und seinen Baumeister Gessinger zurück. Noch heute zeugt das große Wappen in prächtiger Ausführung davon. Fortgeführt wurde der Bau allerdings erst sein Nachfolger Kardinal Schönborn. Die Pläne Gessingers wurden dazu von Balthasar Neumann überarbeitet und abgeändert. Die Vollendung erfolgte unter Bischof Kardinal Franz Konrad von Rodt. Trotzdem geht die lockere Grundform des Gebäudekomplexes und sein Stadtprägende Eleganz auf Christof Gessinger zurück.
Ein wichtiger Faktor im Leben von Johann Franz war die Familie. Er betonte den Zusammenhalt und war stets an der Erhaltung des Rufes interessiert. Er taucht immer wieder in Erbverhandlungen auf und sorgte weiters auch für Neffen und Nichten in der großen Verwandtschaft. Dem damaligen Domherrn war bei der Teilung der Familiengüter unter den fünf Brüdern im Jahre 1698 zusammen mit dem jüngsten Bruder Johann Friedrich die Herrschaften Wilflingen und Egelfingen zugefallen. Aus seinem Familiensinn herrührend kann man auch die Tatsache bemerken, dass er jahrelang auf die Einkünfte aus diesen Herrschaften verzichtete um die Schuldenlast seines jüngeren Bruder, dem Johanniter, zu mildern.
Die Brüder kauften gemeinsam 1697 die Herrschaft Geislingen(bei Balingen) hinzu und gaben dafür das aus mütterlichem Erbe stammende Wernau ab, 1708 verkaufte Johann Albrecht die Herrschaft Dießen bei Horb und 1716 kaufte er die Allodien von Eberstall. Die Masse der Güter für die Familie zu erhalten, war ein Anliegen des Fürstbischofs. Der Erbvertrag, den die fünf Brüder am 30. Oktober 1717 in Dillingen a.d. Donau abschlossen, ist in Sprache und Inhalt absolut als sein Werk zu erkennen. Auch sein Testament von 1734 sprüht von Familiensinn. Er setzte Legate für Neffen und Nichten aus, die Gelder für den Seminarbau schenkte er der Diözese unter der Bedingung dass die Familie einen Kleriker stellen sollte, seinen Domherrenhof in Würzburg erhielt der Neffe Franz Wilhelm und neben weiteren Stiftungen sollten auch die Kirchen in Lautlingen, Wilflingen und Rißtissen je 150 Gulden erhalten. In diesem Dokument zeigt sich, dass der sparsame Fürstbischof seinen persönlichen Wohlstand ermehren konnte.
Nachdem er schon lange über Gesundheitsbeschwerden klagte und die Reisefähigkeit des nunmehr 82 jährigen eingeschränkt war, sollte eine letzte Dienstreise ihm den Tod bringen. Von Dillingen aus über Meersburg und Hegne führte sie ihn nach Meßkirch, wo Fürst Froben Ferdinand von Fürstenberg und seine Frau Marie Therese Gräfin von Sulz (Franz Ferdinand Maria, Gefürsteter Landgraf zu Fürstenberg, * 6.8.1664 + ca. 6.4.1741; m. Jestetten 1690 Maria Theresia Felicitas Gräfin von Sulz (* 12.3.1671, + Meßkirch 26.3.1743)) ihre goldene Hochzeit feierte. Nach dem feierlichen Gottesdienst, „da er in das Zimmer eingetreten, annoch in habitu episcopali“ (im Bischofshabit) ereilte ihn der Tod am 12. Juni 1740.
Gemäß seinen Verfügungen wurde er in der Kathedrale zu Konstanz beigesetzt. Sein Grab befindet sich unter dem Fußboden am Nordeingang. Über dem Portal befindet sich das Epitaph mit 8 Ahnenwappen und der lateinischen Inschrift: „Steh, Wanderer, und lies! Hier ruht der Ehrwürdige und Hohe Herr, Herr Johann Franz aus den Freiherren Schenck von Stauffenberg, des Heiligen Römischen Reichs Fürst und Bischof von Konstanz und Augsburg, der mir freundlicher Majestät, mit wunderbarer Klugheit, mit einzigartiger Milde die Wölfe abschreckte, die Lämmer anzog; dass die Kirche lange eine Stütze sei, errichtete er das Seminar, das ihr die Säulen geben sollte. Er starb in Meßkirch am 12.6.1740 im Alter von 82 Jahren am Hochzeitsfeste, damit du wissest, dass Ruhe gebühre dem, der 36 Jahre lang für die ihm anvertraute Braut unter höchster Anstrengung gestanden hatte. Geh, Wanderer, und traure!“
Eines von vielen Gemälden zeigt den Fürstbischof im schwarzen Habit, mit dem großen Pektorale. Wie genau das Bild ist, können wir daran sehen, dass bei einer Graböffnung am 12. Februar 1946 eben dieses Kreuz, mit eng aneinandergreihten großen blauen Steinen zum Vorschein kam. Damals wurde der Steinbelag des Münsters erneuert. Es zeigte sich, dass der Fürstbischof in einem ganz einfachen Holz- und Metallsarg ohne jeglichen Schmuck bestattet wurde. Das Skelett war erhalten. Ebenfalls ein blauer Stein zierte den Bischofsring auf dem goldverzierten Pontifikalhandschuh. Als Bischofsstab fungierte ein einfacher Holzstab.
Der Historiker des Hochstifts Konstanz Reinhard schreibt in 70 er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, dass Johann Franz „für einen der tüchtigsten und auch erfolgreichsten Bischof“ gelten darf.
Das Wappen des Bischofs zeigt ein quadriertes Schild mit eingepfropfter Spitze, belegt mit einem Herzschild. Der Herzschild silbern, mit einem schmalen roten Balken geteilt, darüber und darunter jeweils ein schreitender blauer Löwe (Stauffenberg), im ersten und vierten Feld in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz (1. Bistum Konstanz, 4. Reichenau), das zweite und dritte Feld gespalten, vorne rot, hinten silbern (Bistum Augsburg), in der eingepfropften Spitze in Rot zwei aus (silbernen?) Wolken hervorgehende Hände, die einen silbernen Schlüssel mit doppeltem Bart emporhalten (Stift Öhningen).
Quellen: Gerd Wunder: Die Schenken von Stauffenberg, Müller&Gräff, Stuttgart 1972
Erzbischöfliches Archiv Freiburg, Wolfgang Stetter, Erzb. Archivrat, 29.07.2005 per Mail